Bericht: Mehr häusliche Gewalt in Deutschland

Häusliche Gewalt
© Peter Steffen/dpa

Kriminalität

Berlin (dpa) - In Deutschland sind 2024 laut registrierten Zahlen so viele Menschen wie noch nie Opfer von häuslicher Gewalt geworden. Das berichtet die «Welt am Sonntag» auf Grundlage von Zahlen des Bundeskriminalamts. Demnach waren insgesamt 265.942 Menschen offiziell betroffen. Der Anstieg habe im Vergleich zum Jahr zuvor bei rund 3,7 Prozent gelegen. Experten gehen jedoch von einer Dunkelziffer aus, weil nicht alle Fälle gemeldet werden.

Dem Bericht zufolge wurde rein statistisch betrachtet etwa alle zwei Minuten ein Mensch Opfer. 2023 waren laut Bundeskriminalamt (BKA) 70,5 Prozent der Opfer weiblich. Die Zahlen für 2024 sind noch nicht offiziell vorgestellt worden.

«Häusliche Gewalt bedeutet zumeist Gewalt an Frauen»

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) zeigte sich besorgt über die neuen Zahlen. Die Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier betonte: «Häusliche Gewalt bedeutet zumeist Gewalt an Frauen, umso wichtiger sind Einrichtungen wie das "Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen".» 

Von häuslicher Gewalt ist immer dann die Rede, wenn es sich um Personen handelt, die in einer partnerschaftlichen Beziehung zueinander sind oder waren oder wenn sich die Gewalt in der Familie abspielt, beziehungsweise eine familiäre Beziehung besteht. 

Besonders im Fokus steht dabei die Gewalt, die von Partnern oder Ex-Partnern verübt wird. Diese betrifft die meisten Fälle. Hierbei gab es dem Bericht zufolge 2024 knapp 171.100 Fälle - 1,9 Prozent mehr als 2023. In den vergangenen Jahren waren überwiegend Frauen betroffen. 

Wie eine BKA-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur am Samstag mitteilte, wurden im Vorjahr 94.873 Menschen Opfer innerfamiliärer Gewalt - also zwischen nahen Angehörigen. Dem Zeitungsbericht zufolge nahm in den vergangenen fünf Jahren häusliche Gewalt um fast 14 Prozent zu.

Weshalb ist die Zahl der Fälle gestiegen?

Das Familienministerium teilte der Zeitung mit, der Anstieg häuslicher Gewalt könne auf eine Zunahme der Gewaltbereitschaft «im Lichte gesellschaftlicher Krisen und persönlicher Herausforderungen» zurückzuführen sein. Möglich sei aber auch eine gewachsene Anzeigebereitschaft.

Im Februar hatte der Bundesrat - nach dem Bundestag - einem Gesetz für einen besseren Schutz von Opfern zugestimmt. Damit werden die Länder dazu verpflichtet, ausreichend Schutz- und Beratungsangebote zu schaffen. Sie erhalten dafür vom Bund zwischen 2027 und 2036 insgesamt 2,6 Milliarden Euro. 

Der Rechtsanspruch auf kostenlosen Schutz und Beratung soll ab 1. Januar 2032 greifen. Bislang konnten Betroffene von häuslicher oder geschlechtsspezifischer Gewalt nur darauf hoffen, dass ihnen geholfen wird und genügend Kapazitäten, etwa in Frauenhäusern, vorhanden sind.

Hubig: Besserer Schutz vor Gewalttätern könnte 2026 kommen

Um etwa Frauen besser vor gewalttätigen Partnern zu schützen, plant Bundesjustizministerin Stefanie Hubig eine elektronische Fußfessel für Gewalttäter. Sie wolle eine Regelung nach dem sogenannten spanischen Modell, sagte die SPD-Politikerin der «Süddeutschen Zeitung». In Spanien werden keine festen Verbotszonen, etwa der Wohnort oder der Arbeitsplatz der Betroffenen, überwacht. 

Stattdessen ist der Abstand zwischen Täter und Opfer maßgeblich: Das Opfer trägt eine GPS-Einheit - befindet sich der Täter mit der Fußfessel absichtlich oder unabsichtlich in der Nähe, wird bei der Polizei Alarm ausgelöst und das Opfer erhält einen Warnhinweis. Nach dem Sommer werde sie einen Gesetzentwurf vorlegen, kündigte Hubig an.

Reaktionen auf die Statistik

Die Grünen erklärten, bei Gewalt gegen Frauen handele es sich nicht um «Familiendramen», sondern um «patriarchale Gewalt». «Es braucht mehr Präventions- und Täterarbeit, schnelle Verfahren, verpflichtende Schulungen von Polizei und Justiz», sagte die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulle Schauws, der «Welt am Sonntag». Die Linke forderte der Zeitung zufolge Reformen beim Sorge- und Umgangsrecht.

Die SoVD-Vorstandsvorsitzende Engelmeier betonte zudem: «Frauen mit Behinderungen erleiden fast doppelt so häufig wie nichtbehinderte Frauen körperliche Gewalt.» Trotz dieser erschreckenden Zahl mangele es an Plätzen in Frauenhäusern - besonders für Frauen mit Behinderungen.

© dpa-infocom, dpa:250802-930-868438/5

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